Das rasche Wachstum der jungen Gemeinde Turgi spiegelt sich in den steigenden Anforderungen, die das Erziehungswesen an sie stellte. So hat es ihr an Gelegenheiten, ihre Schulfreundlichkeit zu beweisen, nie gefehlt. Schon 1886, zehn Jahre vor ihrer obligatorischen Einführung im Kanton Aargau, beschloss die Gemeinde, die Bürgerschule einzurichten und für ihre Jugendlichen verbindlich zu erklären.
1895 wurde bereits eine dritte Arbeitsschulabteilung geschaffen.
Für die neuen Bedürfnisse musste aber auch neuer Raum geschaffen werden, und so entschloss sich die Gemeinde Turgi 1896 zum Bau eines neuen Schulhauses. Die Errichtung eines blossen Hilfsbaues wurde auch diesmal wiederholt abgelehnt.
Der Baukommission gehörte auch der Arzt Dr. Aemmer, der spätere baselstädtische Regierungsrat an. Zunächst bereitete die Platzfrage Schwierigkeiten. In Frage standen das Zelgli und die Wiese oberhalb des Baumgartens beim Gasthof Krone. Der Unterschied im Landpreis und eine an den Verkauf der Liegenschaft im Zelgli geknüpfte Bedingung gaben zunächst den Ausschlag zugunsten des Platzes bei der Krone.
Das war am 10. Januar 1897. Darauf rief Peter Zai eine Protestversammlung ein, an der 80 Einwohner die sofortige Einberufung einer neuen Gemeindeversammlung verlangten. Diese fand am 7. Februar des folgenden Jahres statt und führte nach äusserst stürmischem Meinungsstreit zu dem Ergebnis, dass die Platzfrage schliesslich «zur Erdauerung» zurückgelegt wurde. Unterdessen hatten nämlich die Besitzer des einen wie des andern Platzes ihre Angebote zurückgezogen.
Der Sturm im Wasserglas beruhigte sich indessen rasch, denn schon am 27. Juni des gleichen Jahres kam ein einstimmig gefasster Beschluss zustande, wonach um 22 Rappen für den Quadratfuss ein Bauplatz im Zelgli angekauft wurde. Daran knüpfte die Firma L. Kappeler-Bebiés Erben, als Verkäuferin, allerdings die Bedingung, dass ihr der zu der Ludwigskapelle führende öffentliche Fussweg abgetreten werde. Darauf hatte man früher nicht eintreten wollen, weil dieser Weg gleichzeitig zum Limmatbadeplatz führte. Nun versprach die Firma, nach Einrichtung der neuen Brücke im Lochheiri, auf dem rechten Limmatufer, einen Badeplatz unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Hierauf wurde der Bau eines Schulhauses nach den Plänen von Architekt Karl Moser in Zürich beschlossen, dem später weitbekannten Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Der Bau wurde im Herbst 1898 vollendet und erforderte die Summe von Fr. 105'000.-.
Das Primarschulhaus von Turgi ist ein wuchtiger, süd- und westseitig symmetrisch, nord- und ostseitig asymmetrisch gegliederter Rechteckbau mit Jugendstil-Einschlägen. Seine baulichen weiteren Charakteristiken sind kräftig rustizierte Sockelpartien, Kanten, Treppengiebel und Entlastungsbögen, hohe dreigliedrige Reihenfenster, geschweift konstruierte Dacherker und ein seichter treppenförmig abschliessender Portalrisalit auf der Ostseite. Die Haube des Firsttürmchens zeigt - gleichsam als Signet des Architekten - vier markante drachenförmige Wasserspeier. Die Turmuhr ist eine Privatstiftung von 1925. Über dem Haupteingang zum Primarschulhaus wurde der Spruch angebracht: «Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr»
Nachdem in den Jahren nach 1960 über dem Haupteingang ein Vordach angebracht wurde, verschwand kurzerhand dieser sinnige Spruch. Anlässlich des «Begegnungstages am Heimatort» am 15. Juni 1991 brachte der Gemeinderat und KULTURGI eine Bronzetafel über der Eingangstür an und erneut wurde dieser Spruch der Schuljugend in Erinnerung gerufen. In der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 1997 wurde diese Tafel von Unbekannten gestohlen und ist seit diesem Datum verschollen.
Anlässlich der Einweihung dieses neuen Primarschulhauses im Herbst 1898 wurden die folgenden Reden gehalten:
- Festrede von Architekt Karl Moser
- Übergabe des vergoldeten Schlüssels an Herrn Gemeindeammann Hans Wild
- Festrede von Herrn Gemeindeammann Hans Wild
- Festrede von Herrn Strafhausdirektor Hürbin
- Festrede von Herrn Regierungsrat und Ehrenbürger von Turgi Conrad
Anschliessend an die Einweihung des neuen Schulhauses wurde zum festlichen Mahle geladen und zwar mit dem folgenden
Speisezeddel
Erbssuppe
Hecht mit Sauce, Kartoffeln
Rindsbraten mit Gemüse garniert
Gefüllte Pasteten, Blumenkohl
Hasenpfeffer, Maccaroni
Kalter Aufschnitt, Salat
Dessert
Redaktion: Arthur Luthiger
Aus Quellen von: Hans Wild, Adolf Haller, Peter Hoegger
Schulhausausbau
Das Schulhaus von Prof. Karl Moser und das Gemeindehaus mit Turnhalle des Architekten Bölsterli prägen den Ort und bilden zusammen mit der Baumallee entlang der Schulhausstrasse eine schöne Gesamtanlage mit ausgeprägtem öffentlichen Charakter.
Vorstudien zur Schulhauserweiterung hatten klar gezeigt, dass bei der gegebenen Arealgrösse ein neuer, dritter Baukörper das Ensemble und insbesondere Aussenraum und Pausenplatz übermässig zu beeinträchtigen.
Die Idee, an der Turnhalle giebelseitig einen Anbau für drei Klassenzimmer zu realisieren unterstützt und verstärkt die Idee des Ensemble bei gleichzeitiger minimaler Beeinträchtigung des Pausenplatzes.
Mit dem Ausbau des Dachraumes über der Turnhalle können Räume für den Nebenunterricht, die musikalische Früherziehung und den Instrumentalunterricht geschaffen werden. Mit dem Dachausbau sind gleichzeitig dringende Sanierungen im Bereich der Gebäudehülle der Turnhalle vorgesehen.
Für die Erweiterung wird das Ordnungsprinzip in Grundriss und im Fassadenaufbau präzise weitergeführt. Die Lukarnen, die für die Belichtung der Dachausbauten sorgen, akzentuieren das Regelmass der Fensterachsen, welches über die ganze Länge des neuen Baukörpers Alt und Neu zu einem neuen Ganzen verbindet.